Urheberrechtsgesetz nur mit Recht oder auch mit Gerechtigkeit vereinbar?

Im Internet bekommt man besonders häufig eine Diskussion um das Urheberrecht mit. Natürlich muss geistiges Eigentum in irgendeiner Form geschützt werden, damit dieses nicht an Wert verliert. Zu Zeiten der freien Marktwirtschaft wird einem klar, dass ein Unternehmen möglichst auf Forschung verzichten wird, wenn das Wissen, welches er produziert von jedem verwendet werden kann. Im Endeffekt würde das zu weniger Forschung, zu weniger Innovation führen und die Wirtschaft schädigen. Deshalb ist das Urheberrechtsgesetz sinnvoll.

Unsere Welt ist aber nicht so simpel, wie der oben angeführte einfache Fall. Sie ist komplex und beinhaltet komplizierte Fälle. Auf dem Markt gibt es viele Produkte, die einfach zu teuer sind für Studenten, Auszubildende oder Schüler. Die Sachlage dürfte hier jedem klar sein, wenn man sich ein Produkt nicht leisten kann, dann muss man verzichten. Würde man das nicht tun, müsste man das Produkt stehlen. Wenn der Schüler sich in die Fabrik schleicht und von den hergestellten 100 Produkten, in unserem Beispiel Notebooks, sich ein Exemplar schnappt und mit nach Hause nimmt,  entsteht für den Hersteller ein ganz klarer Schaden. Er kann das gestohlene Notebook nicht mehr verkaufen, bleibt auf den Kosten der Produktion sitzen und macht damit einen Verlust. Versucht man dieses Beispiel auf  ein Softwareprodukt anzuwenden, scheitert man. Werden 100 Kopien einer Software CD gepresst, die Kopie der Software taucht im Internet auf und wird von Mustermann heruntergeladen, entsteht dem Hersteller kein Schaden, denn er hat noch alle 100 CDs und kann diese weiterhin verkaufen. Der Schaden wird dadurch begründet, dass behauptet wird, die Menschen, die sich die Software heruntergeladen haben, hätten die CD gekauft, hätten sie die Möglichkeit des Downloads nicht gehabt. Das Argument wird allgemein als stichhaltig gewertet. In Wirklichkeit ist das Argument aber nichts weiter als eine Annahme, es ist eine Vorhersage, was eine Person gemacht hätte, hätte es etwas nicht gegeben, was es gab. Meiner Meinung nach ist diese Argumentation absurd.

Nehmen wir an da ist ein Mensch mit einem geringen oder keinem Einkommen. Er lädt sich eine Software kostenlos aus dem Internet, weil er an dieser Interesse hat und es sich gleichzeitig nicht leisten kann, diese zu kaufen. Dieses Beispiel dürfte unter anderem besonders auf Schüler, Studenten und Auszubildende zutreffen.

Ist es für den Hersteller der Software nicht von Vorteil, wenn sich Schüler, Studenten oder Auszubildende diese Software kostenlos beschaffen, sich damit vertraut machen und diese in ihren Alltag integrieren? Wenn eine dieser Personen aus der Gruppe im Verlauf ihres Lebens die Entscheidung zu treffen hätte, welche Software er in seiner Arbeitswelt einsetzt, was glauben Sie für welche Software er sich entscheiden würde? Um etwas konkreter zu werden: Photoshop zum Beispiel kann man sich als Geringverdiener oder ohne Einkommen nicht leisten. Würde man später, ohne sich jemals mit der Software vertraut gemacht zu haben, entscheiden müssen mit welcher Software man arbeiten möchte, würde man sich doch z.B. für das kostenlose Programm Gimp entscheiden. Also ist es für Adobe von Vorteil, wenn man sich mit der Software früh vertraut macht.

Würde die Software, von jemandem benutzt werden, der sich diese offiziell beziehungsweise legal ebenfalls nicht leisten kann und damit auch niemals professionell arbeiten wird, wo ist dann der Schaden? Oder nehmen wir sogar an, derjenige, der die Software illegal herunter geladen hat und diese benutzt, könnte sich leisten diese auch zu kaufen, würde das aber nicht tun und das Geld lieber für etwas anderes ausgeben. Da er aber gratis die Software beschaffen kann, lädt er sich diese runter. Wo ist der Schaden? Im besten Fall, würde sich auch dieser Fall zum positiven wenden und der Hersteller der Software würde im Laufe der Zeit einen Kunden dazu gewinnen. Im schlimmsten Fall, passiert das, was passiert wäre, hätte sich derjenige die Software nicht runtergeladen.

Als ein Beispiel aus einem vollkommen anderen Umfeld eignet sich die Musik-CD sehr gut. Wenn sich ein Schüler 20 CDs digital und illegal auf seinen Computer lädt; die Plattenfirma hinter diesen CDs behauptet, er hätte einen Verlust von 20 mal 15 € eingefahren, weil eine CD 15 € kostet, dann behauptet sie, dass der Schüler sich tatsächlich für  300 € CDs gekauft hätte, hätte er nicht die Möglichkeit des Downloads gehabt. Hat Jemand etwa Zweifel daran?

Wenn es um das Urheberrechtsgesetz geht, kommt noch eine sehr unangenehme Komponente hinzu. Es gibt Anwälte, die sich darauf spezialisieren mit Abmahnungen Geld zu verdienen. Das ist kein Märchen. Es handelt sich dabei leider auch nicht um Einzelfälle, sondern es gibt Kanzleien die sich mit dubiosen Mitteln Geld in die Taschen schaufeln. Was ich persönlich erschreckend finde, ist das es so lange nicht gelungen ist dagegen vorzugehen. Es wurden in der Vergangenheit zwar Gesetze erlassen, die dafür sorgen sollten, dass die Geldbeträge bei ersten Abmahnungen gering gehalten werden sollten, aber wie man sich gut vorstellen kann, haben gewisse Anwälte eine Lücke gefunden, sich auf andere Paragraphen bezogen, um diese „Hürde“ leicht zu überwinden. Es darf nicht sein, dass Lobbyisten überhand gewinnen und absurde Geldbeträge verlangt werden dürfen bei Urheberrechtsverletzungen. In den USA haben Lobbyisten die Sache längst in der Hand, da wird über Abschrecksummen in Höhe von mehreren Millionen geklagt. Dabei ist das Schicksal einzelner Menschen gleichgültig, denn es geht um Wirtschaft.

Ich möchte nicht, dass Anwälte im Auftrag der Plattenfirmen klagen, Familien in den Ruin treiben, sich bereichern. Es kann auch nicht sein, dass die deutsche Justiz dafür benutzt wird, das „Abschreckungsmittel“ der Plattenfirmen zu sein, dass diese Geld kassieren und Anwälte, die vom Staat ausgebildet wurden an deutschen Universitäten, ihren Beruf dazu missbrauchen um jeden Preis Kohle zu schaufeln. Alles hat seine Grenzen.

Justiz sollte mit Gerechtigkeit assoziiert werden. Anwälte sollten mit Recht assoziiert werden, und damit meine ich nicht das Recht sich um jeden Preis die Taschen zu füllen. Das wird aber schwierig, wenn sich die Lage nicht ganz schnell ändert.

Interessanter Link zum Thema:
Den gordischen Knoten durchschlagen – Ideen für ein neues Urheberrechtskonzept

Geschrieben von Mikheil am 06. November 2010 | Veröffentlicht in Gesellschaft

Hinterlasse eine Antwort


Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen