Zentralabitur oder Russisch Roulett

Um so näher das Zentralabitur rückt, um so mehr Fakten erfahre ich, die mich stutzig machen. Jeden Tag kommen neue Informationen dazu, die mir den Glauben an eine gute Schulpolitik zerstören.

Einerseits ist es ja so, dass die Klausuren vom Ministerium zur Wahl gestellt werden, also von Menschen, die nicht die geringste Vorstellung davon haben, was die einzelnen Schüler/innen zu den verschiedenen Themen genau erarbeitet haben. Ich frage mich, was daran gerecht sein soll. Ist es nicht die sinnvollere Regelung, dass die Lehrer/innen individuelle Klausuren einschicken, die dann geprüft werden? So muss immer noch der geforderte Stoff bearbeitet werden, die Leistungen sind immer noch vergleichbar, nur es herrscht Chancengleichheit.

Da komme ich schon zum zweiten Problem: Wie sollen Lehrer/innen ihre Schüler/innen, bei so ungenau formulierten Anforderungen überhaupt auf eine zentrale Prüfung vorbereiten? Wird das Abitur jetzt zu einem Glücksspiel, bei dem man hoffen muss, dass gerade dieser Text oder jenes Bild besprochen wird? Oder wird das Zentralabitur langsam zum russischen Roulett?

Ein weiteres Problem, ist, dass die Bewertung der Abiturklausuren nicht zentral stattfindet. Das bedeutet, dass die Klausuren nicht alle gleich Bewertet werden können. Natürlich gibt es auch fr die Bewertung ausführliche Richtlinien, wie sollte es anders sein, aber eine individuelle Note und unterschiedliche Auslegungen bei der Bewertung lassen sich doch wirklich nicht vermeiden. Auch, dass es in einigen Bundesländern Zweit- oder Drittkorrekturen gibt, verlagert dass Problem nicht, da die Vorbenotung meist bekannt ist.

Dann frage ich mich noch, ob das Bildungsministerium schon mal den Spruch: „In der kürze liegt die Würze“ gehört hat. So ist es in diesem Jahr wohl sogar dazu gekommen, dass die Klausuren im Leistungskurs Sozialwissenschaften bis zu drei Seiten lang waren. Da mir bekannte Klausurtexte den Umfang von 1.5 Seiten nicht überschreiten, halte ich drei Seiten lange Texte im Zentralabitur für eine Zumutung, da man nicht nur mit seinem Prüfungsstress sondern auch noch mit extrem anderen Bedingungen klarkommen muss.

Mir persönlich scheint das Thema “Zentralabitur” letztlich immer noch undurchdacht. Die Schüler/innen können auch von besten Lehrer/innen nicht optimal vorbereitet werden, die Klausuren zentral zu stellen ist Unfug; und die Anforderungen jährlich von Fach zu Fach deutlich zu ändern ist unzumutbar.

Geschrieben von Anna am 16. April 2008 | Veröffentlicht in Sonstiges

6 Antworten zu “Zentralabitur oder Russisch Roulett”

  1. Mikheil sagt:

    Also ich muss zugeben, dass ich dem Zentralabi nicht ganz so kritisch gegenüberstehe, wobei ich nach diesem Artikel schon ins Grübeln komme, ob es tatsächlich so gut ist. Ich dachte bisher immer, wenn man einen wirklich schlechten und boshaftigen Lehrer hat (und die gibt es, entgegen vieler nicht-Schüler-Meinungen), dann ist doch eine zentrale Pürfung gar nicht mal so schlecht. Die Vorgaben kennt man, also muss man sich „nur noch“ selbstständig vorbereiten.

    Wobei ich dir vollkommen zustimme, dass das Ministerium keinen direkten Bezug zu den Schülern herstellen kann. Kein Mensch weiß da, was die Schüler wirklich brauchen, wer die Schüler sind und was sie tun. Wir existieren mehr oder weniger nur auf Papier und haben keine direkten Vertreter.
    Das Ministerium macht teilweise tatsächlich zu viele Fehler. Ich nenne hier keine weiteren konkreten Beispiele, aber was einige Lehrer manchmal erzählen, ist schon etwas „erschreckend“.

    Andererseits finde ich die Rolle des Lehrers noch weitaus wichtiger. Mit einer schlechten Organisation und einem guten Lehrer kommt man gut durch. Mit einem schlechten Lehrer aber einer guten Organisation wird es deutlich schwieriger. Nun, wenn beide schlecht sind – dann, hat man die Kugel erwischt…

  2. Alaz sagt:

    Bei dem Punkt, dass das keinen direkten Bezug zu den Schülern herstellen, da stimme ich dir zu (ich hab den ganzen Artikel nich mehr im Kopf, aber ich glaub bei dem Rest auch).
    Nun muss man aber auch mal die wenigen positiven Seiten des Zentralabiturs in betracht ziehen. Da fällt mir zum Beispiel ein, dass in deiner Klausur nicht dein Name steht sondern nur eine Zahl. WOW, cool da steht jetzt eine Zahl! Ist es auch, da jetzt der Lehrer zum Beispiel nicht sofort „Sayid Al-Ahmed“ liest. Ich spreche jetzt aus eigener Erfahrung: ES GIBT SOLCHE LEHRER (ihr wisst welche ich meine).
    Hattet ihr auch schon bei „solchen“ Lehrern Unterricht oder kennt ihr welche?

  3. Mikheil sagt:

    Also ich hatte solche Lehrer noch nie, zu mindestens nicht welche, wo das krass auffällig gewesen wäre. Nun, bei manchen Lehrer merkt man aber schon die Vorurteile. Dazu muss ich sagen, es hat oft nicht was mit dem „Namen“ zu tun sondern eher was für ein „Typ“ man ist. Das merke ich auch bei mir oft. Wäre ich ein stiller, niedlicher Typ mit Brille der ständig schleimt, wäre bestimmt noch Einiges drin… Aber, man ist, wie man ist und das ist auch gut so -wahrscheinlich.

    Natürlich gibt es Lehrer, die nicht in der Lage sind objektiv zu urteilen. Ich kann mir denken, dass ich bei dem einen oder anderen Lehrer eine 4 oder 5 hätte in einem Fach, in dem ich jetzt 2 stehe.

  4. Anna sagt:

    Es ist schon heftig, dass ihr solche Erfahrungen machen musstet, aber es ist doch ein Armutszeugnis für deutsche Schulen, wenn man mit schlechteren Noten rechnen muss, wenn man zum Beispiel einen ausländischen Namen hat.Da hilft aber auch eine anonyme Bewertung der Abiturarbeiten nicht, da ein einem solch ein rassistisches Mobbing doch vorher meist schon Steine in den Weg gelegt hat. Ich glaube übrigens nicht, dass es an unserer Schule solche Lehrer gibt, kenne zumindest keine, Gott ei Dank!

  5. Mikheil sagt:

    Ja, mir sind auch keine Extremfälle aufgefallen, Wenn es welche gibt, dann wissen sie ihre Taten schon unauffällig zu tarnen. Ich hatte mit direktem Rassismus in der Schule bisher weniger Probleme.

    Wie gesagt, es hängt auch vom Typ ab, nicht _einfach_ nur vom Namen oder von der Herkunft.

  6. Line sagt:

    Um noch Mal aufs Zentralabitur zurückzukommen: ich find es einfach schlimm wie einem die Individualiät im Unterricht geraubt wird. Im Unterricht kann nicht mehr das besprochen werden, was die Schüler im jeweiligen Kurs wirklich interessiert, sodern es müssen stupide alle Themen abgehandelt werden, die nun Mal gerade auf dieser blöden vom Ministerium vorgeschriebenen Liste stehen. Schrecklich! Was ist denn das später für eine Gesellschafft in der (wie glaube ich Herr Tschirbs auch schon sagte) pro Jahrgang jeder genau das gleiche Buch behandelt hat? Wo bleibt denn da die Vielfältigkeit?
    Zu dem kommt natürlich noch diese Unorganisiertheit von allem. Die bekannten Fehler in den Prüfungen hätten ganz einfach nicht passieren dürfen und man hätte bevor man das Konzept des Zentralabiturs durchsetzt meiner Meinung nach mehr Ordnung in alles bringen müssen und nicht die ersten Schüler, die das alles betrifft, als Versuchskaninchen benutzen dürfen!

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