Wer sind die Verantwortlichen für das Desaster bei der Loveparade 2010
Also halten wir fest: Die Loveparade war eine Millionenveranstaltung. Bei der letzten Parade waren über 1,5 Millionen Menschen anwesend und es wurde ein Rekord gefeiert. Die Loveparade in Duisburg, wenige Kilometer vom letzten Veranstaltungsort entfernt, wurde aber nur auf 250 000 Menschen ausgelegt. Dennoch wurden die doppelte Menge von Besuchern bei der Polizei angemeldet, also 500 000. Schon am Mittag brüstete sich der Veranstalter aber mit der Zahl von einer Million Besuchern. Klare Angaben gibt es noch nicht über die Besucherzahl, diese werden aber teilweise mit bis zu 1,4 Millionen Besuchern benannt, folglich ziemlich das Dreifache von der Zahl, die die genehmigten Besuchermenge um das Doppelte überstieg – also stolze Sechsfache der offiziell von der Stadt genehmigten Menge .
Nun fragt man sich, wer sind die Verantwortlichen. Es gibt drei Ebenen, die Veranstalter, die Politik, die Einsatzkräfte. Wer nun den Verantwortlichen auf einer Ebene sucht, wird schlicht und einfach nicht fündig werden.
Die Veranstalter hatten Profit im Kopf. Sie übten Druck aus, wollten die Kosten niedrig halten, es wurde über Bestimmungen verhandelt und Regeln außer Kraft gesetzt. Die Fluchtwege fielen kürzer aus, die Breite der Notausgänge wurde geschmälert (das Ganze aber ausgelegt nur auf 250.000 Menschen). „In der ‚Genehmigung einer vorübergehenden Nutzungsänderung‘ mit dem Aktenzeichen 62-34-WL-2010-0026 vom 21. Juli 2010 sei außerdem auf die sonst obligatorischen „Feuerwehrpläne“ verzichtet worden. Dafür sollten maximal 250.000 Menschen auf das Gelände gelassen werden.“ –stern.de. Es gibt weitere Hinweise auch eine schlechte Organisation. Die Wege sollen nicht ausgeschildert gewesen sein, so dass der Eindruck von Disorientation und Chaos provoziert wurde. Die Interessen der Besucher standen ganz klar im Hintergrund. Wäre auch der Platz sicher gewesen, war er dennoch viel zu eng um ausgelassen feiern zu können.
Die Politik hatte dafür zu sorgen, dass die Menschen im Vordergrund standen. Dabei hat man versagt. Es fing schon auf Landesebene an, dass man den Druck weitergab, die Loveparade muss stattfinden, die Metropole Ruhr ist wichtig und wir müssen unser Image ändern. So ging’s auf lokaler Ebene weiter. Man hatte den Druck im Nacken sitzen, die Loveparade, dessen Image und Realisierung waren wichtiger als die Sicherheit der Menschen. Warnungen wurden ignoriert. Kritiker wurden massiv unter Druck gesetzt. Es wurden Stimmen laut, der ehemalige Polizeipräsident von Duisburg solle abgesetzt werden, weil er Kritik zu Loveparade bzw. dessen Veranstaltungsort geäußert hatte. Die Veranstaltung wurde so durchgeboxt, dass es letztlich im (Kosten)Plan der Veranstalter und der Stadt passte. Nochmal die Frage, wie konnte es sein dass eine Millionenveranstaltung auf 250 000 Menschen ausgerichtet war? Die Loveparade musste stattfinden, da gab es weder Zweifel noch einen Ausweg.
Die Einsatzkräfte vor Ort haben ein Argument auf ihrer Seite, welches die anderen Beschuldigten nicht haben. Die Planung von oben hätte so verlaufen müssen, dass die Polizei vor Ort nicht hätte überfordert sein dürfen. Warnungen seitens der Polizei und Feuerwehr hätten gehört werden müssen! Aber das ist nur ein Argument, Kritik gibt es genug. Wie konnte es sein dass man die Schleusen geöffnet hat und dadurch die Massen durchströmen ließ. Es hätte doch Aufklärung stattfinden müssen im Vorfeld, das genau so sowas auf einer Veranstaltung diese Größe nicht stattfinden darf. Dann folgten die Absperrungen, die theoretisch in der Planung eventuell richtig gewesen wären, wenn denn tatsächlich „nur“ 250 000 Menschen anwesend gewesen wären. Sie waren aber fatal. Stimmen werden immer lauter, dass auch diese Absperrungen zu den Staus führte, den Druck erhöhte, die Panik auslöste. Es hätte nicht einen Wagen durch eine viel zu verdichtete Masse von Menschen fahren dürfen. Es war falsch, die Treppe zu öffnen, diese nicht zu sprengen im Vorfeld oder wenigstens todessicher abzuschirmen. Es war ebenfalls falsch, was die einzelnen Beamten In dem Augenblick sicherlich nicht einsehen konnten, das den Menschen geholfen wurde die nach oben klettern wollten. Dies hätte verhindert werden müssen (natürlich im Vorfeld bevor es zu Panik kam). Es kommt hinzu, dass ein weiterer Ausgang existierte der aber zu lange geschlossen blieb, ein weiterer fataler Fehler. Eines der beiden banalsten und meiner Meinung nach auch der schlimmsten Fehler ist aber, dass kein Megaphon vorhanden war. Das ist unvorstellbar. Bei dieser Menge von Menschen in Millionenhöhe, oder wie man auch auf dem Papier ausgegangen war in Höhe von Hunderttausenden, gab es kein einziges Kommunikationsmittel. Es ist für mich schlicht und einfach komplett unbegreifbar wie das passieren konnte.
Ich möchte an dieser Stelle nicht unvernünftig sein. Ich weiß, dass besonders bei der letzten Passage bei der Urteilsbildung mit besonderer Vorsicht vorzugehen ist. Uns fehlt das Fachwissen. Es ist aber sehr gut möglich, dass wenn einzelne Punkte hätten bedacht werden können, dass die Katastrophe weitaus kleiner ausgefallen oder gar hätte komplett vermieden werden können.
Es wird deutlich, dass das Konzept absolut zum Wohle der Wirtschaft, nicht zum Wohle der Besucher ausgerichtet war!
Gerne könnt ihr hier diskutieren: http://forum.bloggii.de/
Geschrieben von Mikheil am 28. Juli 2010 | Veröffentlicht in Gesellschaft