Deutscher Rap und deutsche Politik sind sich näher als man ahnt
Der Ursprung des Raps liegt im politischen Sprachgesang der afroamerikanischen Community in den USA. Umso erschreckender ist es, wen Rap heute hauptsächlich repräsentiert bzw. von wem er repräsentiert wird. Bleiben wir in Deutschland. Die erfolgreichsten und berühmtesten Rapper Deutschlands sind erwachsene Männer, die vorgeben verbrecherische Buben zu sein – in Nachahmung von Gangster Rappern in den USA. Der Unterschied zwischen dem ursprünglichen Gangster Rap und dem heutigen Kindertheater ist, dass zu seiner Zeit tatsächlich aufmüpfige Jugendliche versucht haben Ihre Coolness zu demonstrieren, indem sie sich besonders hart, verbrecherisch und rebellisch darstellten. Es war authentisch, unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Inhalte. Heute machen in Deutschland erwachsene Männer diese „Musik“, jenseits des jugendlichen Leichtsinns mit einer großen Portion Berechnung und Profitgier, womöglich jedoch kombiniert mit einwenig Geschmacklosigkit. Der Zweck ist heute, an der Kasse des Kindertheaters möglichst viel zu verkaufen.
Dadurch ist dieser Rap besonders unauthentisch. Es herrscht eine riesige Widersprüchlichkeit zwischen dem Rapper und dem Gerappten. Rapper, welche eine vorgetäuschte gesellschaftliche Rebellion demonstrieren, sind starke Konformisten und lieben die Tradition. Sie sind hinter der Bühne bemüht der Norm möglichst zu entsprechen, leben ein bürgerliches Leben mit Freundin oder Frau und Kind und verklagen auch gerne ihre eigene Fans mit horrenden Summen, weil diese sich Musik aus dem Internet laden. Eigentlich wären sie gerne studierte BWLer oder Juristen, erfolgreich im Management oder Vorstand eines großen Konzerns. Es gibt keinen Unterschied zwischen diesem und dem schmierigen Typen aus dem Hörsaal, der zum größten Konzern wechselt ohne mal etwas anderes als das Gehalt zu berücksichtigen. Oder vielleicht doch, der schmierige Hörsalgänger ist authentisch dabei und zuckt nur mit den Schultern, wenn er den Satz liest, dass ihm außer Geld nichts interessiert. Man sollte jedoch zusätzlich bedenken, dass die Personen der Öffentlichkeit die hier gemeint sind, gelegentlich sogar als Künstler bezeichnet werden. Oft wagen sie es sogar selbst, sich als solche zu bezeichnen. Mutmaßlich vermischen sich dabei einige Dinge, der Künstler wird mit demjenigen verwechselt der jeden Scheiß äußern darf und wenn sie damit auch noch Kohle machen lässt, hat man es geschafft.
Der Kreis schließt sich immerhin in so fern, dass die Texte, welche jungen Menschen vor die Füße gekotzt wird und vom angeblicher Rebellion spricht auf einer Meta Ebene auch zur höchster Konformität erzieht und somit an die tatsächlich gelebte Realität der so genannten Gangster Rapper anschließt.
Der dem Ideal der Stigmata folgende „dumme Ausländer“ soll sich mit Kleinkriminalität aufhalten, damit er nach seinem Gefängnisaufenthalt gemächlich als hoffnungsloser Fall wieder in die Gesellschaft integriert wird und sich glücklich schätzen darf, wenn er einen beliebigen sehr schlecht bezahlten Job verüben darf und keine gesellschaftliche Relevanz mehr aufweist, außer dass er der kleinkrimenelle dumme Ausländer ist. Er solle sich bloß nicht zur Schule und Universität begeben, denn dann könnte er Zugang zu neuem gesellschaftlichen Status, Beruf, Einfluß gelangen und etwas verändern. Das würde einem Konformisten und Befürworter des Ungleichgewichts in der Gesellschaft von der er jedoch profitiert wenig passen, z.B. dem angeblichen Gangster Rapper oder dem CDU Politiker – beide Teil eines Ganzen, die dafür einstehen, dass alles so bleibt wie es ist, starr und undurchlässig. Beide kennen ihre gesellschaftliche Position und halten fest an den Etablissements, denn beide profitieren von den Ungleichheiten.
Geschrieben von Mikheil am 17. März 2015 | Veröffentlicht in Kultur